Baden-WürttembergTREND September 2023

Repräsentative Studie im Auftrag des SWR und der Stuttgarter Zeitung

Halbzeitbilanz der Landesregierung: Kritik überwiegt

Zweieinhalb Jahre nach der Landtagswahl fällt die Bilanz der grün-schwarzen Landesregierung durchwachsen aus: 41 Prozent der Bürgerinnen und Bürger sind aktuell zufrieden mit der Leistung des Stuttgarter Kabinetts, eine Mehrheit (56 Prozent) äußert sich kritisch. Damit steht das von Winfried Kretschmann geführte Kabinett schlechter da als vor der letzten Landtagswahl (57:40 Prozent im März 2021), auch in den letzten drei Monaten ist das Ansehen der Landesregierung nochmals zurückgegangen (-8 Prozentpunkte im Vgl. zu Juli 2023). Im bundesweiten Vergleich rutscht Baden-Württemberg damit ins hintere Mittelfeld.

Mehrheitlich Rückhalt findet die Landesregierung bei den Anhängern der Grünen (74:21 Prozent). Im Lager der mitregierenden CDU überwiegt anders als noch im Juli die Skepsis (44:55 Prozent). Von den Anhängern der Oppositionsparteien kommen die Anhänger der SPD zu einem mehrheitlich positiven Urteil (72:26 Prozent). Bei Anhängern der FDP (41:57 Prozent) überwiegt die Unzufriedenheit mit dem Regierungshandeln, deutlicher noch im Lager der AfD (9:90 Prozent).

Kretschmann kann nicht an frühere Popularitätswerte anknüpfen

Der Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist zwar nach wie vor der populärste Politiker im Land, kann aber nicht an seine früheren Popularitätswerte anknüpfen. Äußerten sich im Vorfeld der letzten Landtagswahl 71 Prozent der Baden-Württemberger lobend über seine Amtsführung (vgl. März 2021), überzeugt er aktuell gerade gut die Hälfte (53 Prozent). Auch in den letzten drei Monaten sind seine Sympathiewerte nochmals leicht rückläufig (-2 im Vgl. zu Juli 2023), sein Zuspruch fällt auf den niedrigsten Wert seit Übernahme des Ministerpräsidentenamtes. Die Hälfte der Bürger (53 Prozent) plädiert dennoch dafür, dass Kretschmann bis zur Landtagswahl 2026 im Amt bleibt, ein gutes Drittel (37 Prozent) ist gegenteiliger Auffassung.

Thomas Strobl stieß bereits nach Amtsantritt als CDU-Innenminister auf mehr Kritik als Lob (vgl. Oktober 2021), die sich seit der sogenannten Polizei-Affäre aber durchaus nochmals verstärkt hat. Aktuell wird der stellvertretende Ministerpräsident ähnlich wie im Juli dieses Jahres von einem Viertel (24 Prozent; +/-0) wohlwollend bewertet, knapp die Hälfte (45 Prozent) ist unzufrieden. Die Spitzen der Landtagsopposition kämpfen auch zweieinhalb Jahre nach der Wahl mit Bekanntheitsdefiziten. Der Fraktionsvorsitzende der SPD Andreas Stoch ist mehr als der Hälfte der Wahlberechtigten nicht bekannt. Bei denen, die sich ein Urteil zutrauen, überwiegt die Kritik (15:27 Prozent). Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke ist ebenfalls mehr als der Hälfte kein Begriff, auch bei ihm überwiegt die Unzufriedenheit (13:25 Prozent). Über den AfD-Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier trauen sich fast acht von Zehn kein Urteil zu, bei gerade 6 Prozent fällt es positiv aus.

Zweifel an Problemlösungskompetenz der Parteien gewachsen

Nicht nur personell dominieren die Grünen weniger stark als vor der letzten Landtagswahl, auch sachpolitisch sind sie schlechter aufgestellt. Trauten im März 2021 28 Prozent am ehesten den Grünen zu, die wichtigsten Probleme des Landes zu lösen, sind es jetzt noch 15 Prozent
(-13). Sie fallen damit in der summarischen Problemlösungskompetenz hinter die CDU auf Platz 2, auf die ähnlich wie vor dem letzten Wahlgang ein knappes Viertel (23 Prozent, -1) bei der Lösung der wichtigsten Probleme setzt.

Kaum Veränderungen ergeben sich für die SPD (9 Prozent, +1), die FDP verliert deutlich an Sachvertrauen (4 Prozent, -5). Die Linke spielte damals wie heute eine nachgeordnete Rolle (2 Prozent, +/-0). Deutlich gestiegen ist die Zahl derer, die der AfD die Lösung der wichtigsten Aufgaben zutrauen. Sie hat sich seit der letzten Landtagswahl mit 13 Prozent mehr als verdoppelt (+8). Stark hat die Zahl der Bürgerinnen und Bürger zugenommen, die an den Problemlösungsfähigkeiten des Parteiensystems insgesamt zweifeln und keiner Partei die Lösung der wichtigsten Probleme zutrauen (31 Prozent, +12).

Veränderte Problem-Agenda: Zuwanderung verdrängt andere Themen

Die veränderte Sicht auf die Problemlösungsfähigkeiten der Parteien geht einher mit einer gegenüber 2021 deutlich veränderten Themenagenda. Vor der letzten Landtagswahl dominierte die Corona-Pandemie die Problemsicht der Bürger, gefolgt von Bildung und Wirtschaft. Zuwanderungsthemen stellten 2021 gerade für 5 Prozent der Wahlberechtigten das wichtigste landespolitische Problem dar. Gegenwärtig stehen Migrationsfragen mit 40 Prozent (+35 im Vgl. zu Februar 2021) auf der Problemliste der Bürgerinnen und Bürger mit Abstand an erster Stelle und haben auch gegenüber März dieses Jahres nochmals erheblich an Bedeutung gewonnen (+21).

Im Gegenzug haben andere Themen an Stellenwert verloren. Die Schul- und Bildungspolitik bildet aus Sicht der Bürger zwar wie vor zweieinhalb Jahren die zweitwichtigste Aufgabe, hat jedoch an Aufmerksamkeit verloren (26 Prozent, -8 im Vgl. zu Februar 2021). Wirtschafts-fragen, 2021 im Kontext der Pandemie auf Platz 3, treten angesichts der Zuwanderungsthematik in den Hintergrund (8 Prozent; -15).

Das drittwichtigste Problem ist für die Wahlberechtigten in Baden-Württemberg aktuell der Umweltschutz (16 Prozent,+1), gefolgt von Verkehr (14 Prozent; +1) und der Energiepolitik. Letztere hat infolge der Energiewende-Debatte, hoher Energiepreise und der Diskussion um das Heizungsgesetz einen deutlich höheren Stellenwert als zur Landtagswahl vor zweieinhalb Jahren (14 Prozent; +10).

Außerdem im aktuellen Baden-WürttembergTREND:

  • Sonntagsfrage: CDU baut Vorsprung auf die Grünen aus
  • AfD punktet mit Zuwanderungsbegrenzung

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Kontakt
Anja Miriam Simon

Baden-Württemberg

Sonntagsfrage

Übersicht & Zeitverlauf

Studieninformation
Grundgesamtheit

Wahlberechtigte in Baden-Württemberg

Erhebungsmethode

Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung

Fallzahl

1.162 Befragte
(682 Telefoninterviews und 480 Online-Interviews)

Erhebungszeitraum

21. bis 25. September 2023

Schwankungsbreite

2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent

© infratest dimap

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