ARD-DeutschlandTREND Januar 2024

Repräsentative Studie im Auftrag der ARD

Deutliche Verunsicherung zu Jahresbeginn

Die Bundesbürger gehen sichtlich verunsichert in das neue Jahr. Für nur 13 Prozent (-1 zu September) liefern die aktuell bestehenden Verhältnisse in Deutschland Anlass zur Zuversicht, 83 Prozent (+2) äußern sich besorgt. Optimistischer gestimmt sind die Deutschen mit Blick auf ihr eigenes Leben. Allerdings fallen auch die persönlichen Erwartungen an die bevorstehenden 12 Monate weniger positiv aus als vor einem Jahr. Etwas mehr als die Hälfte rechnet für sich selbst mit einem guten Jahr 2024. Ein Drittel glaubt, dass vor ihnen ein eher schlechtes Jahr liegt.

Erwartungen für 2024: mehr Extremwetterlagen, fortgesetzter Preisauftrieb, keine Entspannung in der Zuwanderung 

Gestartet ist das Jahr 2024 in verschiedenen Regionen Deutschlands mit einer angespannten Hochwasserlage als Folge tagelangen Regens. Auch für die kommenden Monate sind die Bundesbürger auf Extremwetterlagen eingestellt. So rechnen drei Viertel mit einer gegenüber 2023 höheren Zahl von außergewöhnlichen Wetterereignissen wie Starkregen oder Hitzephasen. Auf zentralen innenpolitischen Feldern erwarten die Bundesbürger 2024 keine grundsätzlichen Änderungen. Dass die Preise für Energie und Lebensmittel weniger deutlich steigen als im letzten Jahr, hält nur jeder Dritte, dass die Migration nach Deutschland zurückgehen wird, lediglich jeder Siebte für wahrscheinlich.

Ampel und Koalitionsspitzen bleiben im Ansehenstief

Der Zuspruch zur Berliner Regierungsarbeit verharrt nach den haushaltspolitischen Ankündigungen des Kabinetts vom Jahresende weiter im Tief. Wie im Vormonat sind nur 17 Prozent der Bundesbürger mit den Leistungen der Ampel zufrieden. Bundeskanzler Scholz bleibt nochmals knapp unter seinem Negativwert vom Dezember und überzeugt aktuell 19 Prozent (-1). Die Koalitionsspitzen von Grünen und FDP schneiden zwar besser ab. Grünen-Außenministerin Baerbock (31 Prozent;
-7) und FDP-Finanzminister Lindner (23 Prozent; -4) sehen sich jedoch zu Jahresbeginn mit den niedrigsten Zustimmungswerten seit ihrem Eintritt in das Bundeskabinett konfrontiert, während Grünen-Wirtschaftsminister Habeck (24 Prozent; -6) nur knapp von seinem Zustimmungstief vom vergangenen Sommer (23 Prozent) entfernt bleibt. Unions-Fraktionsvorsitzender Merz verliert über den Jahreswechsel leicht und liegt mit 30 Prozent Zustimmung (-2) faktisch gleichauf mit der Außenministerin. Weiterhin angeführt wird die Politikerliste von Verteidigungsminister Pistorius (51 Prozent; -1).  

Erkennbar uneins sind sich die Bundesbürger über die Zukunft des Berliner Regierungsbündnisses. Ein Fortbestand der Ampel-Koalition im laufenden Jahr sieht zwar fast die Hälfte (49 Prozent) als wahrscheinlich an, 41 Prozent halten allerdings dagegen. Jeder Zehnte traut sich in dieser Frage kein Urteil zu. Während SPD- und Grünen-Anhänger mehrheitlich zuversichtlich sind, dass die Koalition die kommenden 12 Monate übersteht, sind die FDP-Anhänger in ihrer Prognose gespalten.

Sonntagsfrage: nur geringe Veränderungen

In der bundespolitischen Stimmung haben sich über den Jahreswechsel nur geringe Veränderungen vollzogen. Die CDU/CSU käme bei einer Bundestagswahl aktuell auf 31 Prozent (-1), weiter gefolgt von der AfD mit 22 Prozent (+1). Die Sozialdemokraten hätten unverändert 14 Prozent in Aussicht. Die Grünen büßen etwas deutlicher ein. Sie kämen wie zuletzt Mitte Oktober letzten Jahres nur auf 13 Prozent (-2). Die FDP würde 5 Prozent (+1) erzielen, die Linke würde mit 4 Prozent (+1) weiter an der Mandatsschwelle scheitern. Alle übrigen Parteien kämen zusammen unverändert auf 11 Prozent, darunter die Freien Wähler mit 3 Prozent.

 

 

Wenig Zuversicht für Beendigung internationaler Konflikte, Gebietskonzessionen werden vermehrt als Voraussetzung für Ende des Ukraine-Krieges gesehen     

Wenig optimistisch schauen die Bundesbürger zu Jahresbeginn auf die gewaltsamen internationalen Konflikte. Ein Ende des Krieges im Nahen Osten erwarten für das angelaufene Jahr nur 23 Prozent. Eine Beendigung des Ukraine-Krieges im Jahresverlauf halten sogar nur 9 Prozent für wahrscheinlich und damit deutlich weniger als Anfang 2023 - möglicherweise Ausdruck der hinter den Erwartungen zurückgebliebenen ukrainischen Offensive. Die Zahl der Bundesbürger, die Gebietskonzessionen der Ukraine an Russland als Voraussetzung für ein Kriegsende ansehen, ist zumindest mit 44 Prozent binnen eines dreiviertel Jahres erkennbar gestiegen. Dennoch ist nach wie vor eine große Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht, dass in erster Linie die Ukraine selbst zu entscheiden hat, wann sie sich auf Verhandlungen mit Russland einlässt.

Ukraine-Kurs: gesunkene Unterstützung für deutsche Finanzhilfen

Zum deutschen Ukraine-Kurs nehmen die Bundesbürger weitgehend ähnliche Position ein wie zuletzt. Zwar ist der Zuspruch für eine umfassendere Bereitstellung von militärischen Ausrüstungen an die Ukraine in den letzten Monaten wieder gewachsen (21 Prozent; +7). Allerdings ist die Zahl derer, denen die Lieferungen deutscher Waffen zu weit gehen, nach wie vor wesentlich größer und mit gut einem Drittel zum Vorjahressommer faktisch konstant. Eher stabil präsentieren sich auch die Einstellungen zu den gegen Russland getroffenen Sanktionsmaßnahmen, die vier von zehn (43 Prozent; +1) als ausbaufähig betrachten, wie auch zu den diplomatischen Anstrengungen Deutschlands zur Beendigung des Krieges, die jeder Zweite für unzureichend hält (51 Prozent; -4 zu Juni 2023). Spuren hinterlassen dagegen die Kriegsdauer und die wachsenden hiesigen Haushaltsprobleme in der Unterstützung deutscher Finanzhilfen. Mit 41 Prozent (+21 zu April 2022) erachten mittlerweile doppelt so viele Bundesbürger wie noch zu Kriegsbeginn die finanzielle Unterstützung der Ukraine durch Deutschland als zu weitgehend. Zugleich haben 80 Prozent Zweifel, dass gegebenenfalls ausbleibende amerikanische Hilfen an die Ukraine durch Deutschland und andere EU-Staaten kompensiert werden könnten.

EU- und NATO-Mitgliedschaft der Ukraine wird zurückhaltender bewertet

Noch Ende letzten Jahres hat die Europäische Union beschlossen, EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aufzunehmen. Eine langfristige EU-Mitgliedschaft des Landes wird allerdings etwas zurückhaltender bewertet als zuletzt. Nach 58 Prozent im Februar vergangenen Jahres äußern sich aktuell 53 Prozent zustimmend. Ebenfalls rückläufig ist die Zustimmung zu einer langfristigen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, die derzeit von weniger als jedem Zweiten (44 Prozent; -7) unterstützt wird.    

Nachrichten-Lage: gut jeder Vierte umgeht häufig Berichterstattung  

Auch zu Jahresbeginn dominieren negative Nachrichten die politische Berichterstattung. Ein sichtbarer Teil der Bundesbürger reagiert hierauf aktiv mit der Umgehung von Nachrichten in der eigenen Mediennutzung. Nach eigenen Angaben vermeidet wegen der Nachrichtenlage inzwischen gut jeder vierte Wahlberechtigte die entsprechende Berichterstattung in den Medien häufig, darunter insbesondere Anhänger der AfD (35 Prozent). 

Studieninformation
Grundgesamtheit

Wahlberechtigte in Deutschland

Erhebungsmethode

Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung

Fallzahl

1.321 Befragte
(787 Telefoninterviews und 534 Online-Interviews)

Erhebungszeitraum

02. bis 03. Januar 2024

Schwankungsbreite

2 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 10 Prozent
3 Prozentpunkte bei einem Anteilswert von 50 Prozent

© infratest dimap

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